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Ein gesegnetes 2023!

von Birgit Retzmann

01.01.2023

„Du bist ein Gott, der mich sieht.“ (1 Mose 16,13) - mit guten Wünschen und der Jahreslosung in ein neues Jahr.


Liebe Gemeinde,

das ist die Jahreslosung für 2023.

Gott sieht uns! Eine schöne Botschaft für das neue Jahr: gesehen werden.

Jemand sieht mich, nimmt mich wahr, wie ich bin.

Es bedeutet, dass mich jemand wertschätzt und achtet.

Mit der Jahreslosung für das neue Jahr wünsche ich Ihnen und allen, die Ihnen lieb sind, auch im Namen Ihrer Kirchengemeinde alles Gute für das neue Jahr!

An anderer Stelle sagt die Bibel: „Der Mensch sieht, was vor Augen ist, aber Gott sieht das Herz an.“ (1 Sam 16,7)

Dieser Satz fällt im Zusammenhang mit einem bis dahin Übersehenen. Es geht um die Suche nach dem richtigen König für Israel. Isai sieht schon seinen ältesten Sohn auf dem Thron, da will der Prophet Samuel den kleinsten sehen: David.

Gesehen werden! Das ist ein Lebensthema für uns alle.

Wer gesehen wird, kann sich entfalten.

Wer übersehen wird, der verkümmert.

Es ist eine pädagogische Binsenweisheit, dass Kinder viel leichter innerlich stark, empathisch und liebevoll werden können, wenn ihre Eltern sie SEHEN. Das bedeutet nicht, in sie etwas hineinsehen, was die Eltern sich wünschen oder wie Helikoptereltern sie zu observieren. Nein, jemanden sehen heißt, jemand sich selbst entfalten zu lassen, ihm zu vertrauen, das für sich Richtige zu tun, dabei zu unterstützen und so Kindern selbst zu Wegen finden lassen, andere sehen zu können, die erfahrene Liebe zu teilen.

Kinder ahmen ja nach, so entsteht Empathie und schauen wir auf so manche biblische Geschichte, dann ist die Pädagogik Gottes: Weil Gott Dich liebt, liebe auch Deine Nächsten, denn die sind wie Du, Kinder Gottes.

Die Jahreslosung erzählt folgende Geschichte:

Die Nebenfrau Abrahams, Hagar wird aus Eifersucht von dessen Hauptfrau Sarah gedemütigt.

Hagar ist mit Ismael schwanger und flieht vor der Schikane in der Wüste. In ihrer Verzweiflung spricht sie ein Engel an: „Gott sieht dich und hat auch für Dich einen Platz im Leben, der ist zwar anders, als Du jetzt wünschst, aber es wird ein guter Platz sein. Vertrau auf Gott!“

Auf Gott vertrauen und seinen Weg gehen. Das ist angesichts der schwierigen Lage, die wir aus 2022 mit ins neue Jahr nehmen, gar nicht so einfach.

Und wie viele Menschen haben wir im Fernsehen oder der Zeitung gesehen, die übersehen werden?

Gesehen werden, manchmal bedeutet das nicht nur Leben, sondern sogar Überleben. Das gilt nicht nur für die Opfer von Putins Angriffskrieg, es gilt auch für die Frauen im Iran und Afghanistan, für die Hungernden in Äthiopien und die Menschen in unserem Land, die durch die Preissteigerungen nicht mehr das Nötige zum Leben haben.

Hagar wurde von Gott an einen Brunnen geführt und gesehen, Ismael machte er zum Stammvater eines Wüstenvolkes, auf das sich heute die Araber berufen.

Das ist nicht wichtig, aber wichtig ist, dass Gott unsere Not sieht! Alle Not der Welt. Und er ist noch nie fort gewesen. Sein Weg vom Christkind zum Kreuz will uns das glaubhaft machen. Gott aber ist kein Gewalttäter, der uns zwingt, gut zu sein.

Eine Welt ohne die Freiheit, Fehler zu machen ist keine lebenswerte Welt. Bitter aber bleibt, dass wir Menschen offenbar allzu oft zu dumm sind, den Wert der Freiheit auch unserer Mitmenschen zu achten, denn es ist zuletzt auch unsere eigene.

Womöglich gründen unsere Konflikte tatsächlich darin, dass Menschen agieren, die sich nicht genügend gesehen fühlen?

Zumindest könnte man sagen, dass der beste Weg, Konflikte zu verhindern wohl darin liegt, Kinder und Mitmenschen zu sehen, so dass sie zufriedene Menschen sein können. Das jedenfalls legen die Bibelstellen nahe, die ich Ihnen heute mit der Jahreslosung verknüpft habe.

In ihnen kommt zum Ausdruck, wie auch Gott uns sehen will: Von Anfang an hat Gott seine ganze Schöpfung im Blick: So ist ihm neben Abraham, Sarah und ihrem Kind Isaak auch die Randfigur Hagar wichtig. Auch sie soll leben und gesehen werden. Vielleicht ein Hinweis für uns, öfters mal sich selbst aus der Mitte zu nehmen, um anderen Platz zu machen?

So beginnt auch Gott mit der Wahl des kleinsten Sohnes Isais, David, seine Rettungsgeschichte für Israel, die erst da einen Abschluss findet, wo durch den Spross aus der Wurzel Isais – wie Jesaja den Messias verheißen hat – alle Welt gerettet, also von Gott gesehen werden will: durch Jesus Christus!

Gott sieht uns durch das Christkind in der Krippe, dem Mann aus Nazareth, der für die Liebe Gottes zu aller Welt durch Not und Schuld ans Kreuz geht.

Und den Gott auferweckt und damit die Liebe zum Leben ins rechte Licht setzt.

Was bedeutet das am Beginn eines neuen Jahres, wo uns vermutlich alle Krisen aus 2022 beunruhigen?

Gesehen werden, liebe Gemeindeglieder, ich denke, darin liegt viel Heil für unsere Seelen

und ich glaube auch, dass Gott uns mit seinen Geschichten vom Hinsehen nicht nur die globalen Linien zeigen will, die alle zum Schöpfer führen, sondern er will uns in einen Dialog mit sich verwickeln… So wie das Jesus mit dem jungen Mann machte, der ihn nach dem höchsten Gebot fragte.

Erkenntnis wird erst durch den Vollzug im eigenen Leben sinnvoll: wie beim barmherzigen Samariter.

Am Ende ist die Botschaft ganz leicht: „Geh hin und tue des Gleichen!“

Weil Gott Dich sieht, sieh auch Du hin!

Ich glaube, so kann das Jahr 2023 ein gesegnetes, ein gutes werden, wenn wir versuchen, mit Gott im Gespräch zu bleiben und gemeinsam hinschauen, wo Menschen gesehen werden wollen.

Lassen Sie uns einander sehen, damit wir beten und leben können, wie es einst Franz von Assisi in Worte fasste:

Herr, mach mich zu einem Werkzeug deines Friedens,
dass ich liebe, wo man hasst;
dass ich verzeihe, wo man beleidigt;
dass ich verbinde, wo Streit ist;
dass ich die Wahrheit sage, wo Irrtum ist;
dass ich Glauben bringe, wo Zweifel droht;
dass ich Hoffnung wecke, wo Verzweiflung quält;
dass ich Licht entzünde, wo Finsternis regiert;
dass ich Freude bringe, wo der Kummer wohnt.
Herr, lass mich trachten,
nicht, dass ich getröstet werde, sondern dass ich tröste;
nicht, dass ich verstanden werde, sondern dass ich verstehe;
nicht, dass ich geliebt werde, sondern dass ich liebe.
Denn wer sich hingibt, der empfängt;
wer sich selbst vergisst, der findet;
wer verzeiht, dem wird verziehen;
und wer stirbt, der erwacht zum ewigen Leben.

Amen.

Ihnen allen ein gesegnetes und friedliches Jahr 2023, für das Pfarrteam und den BvA, Ihr Pfr. Arndt Klemp-Kindermann

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